( Junge Welt v. 24.12.11, Definitionsmacht, Ankara wirft Frankreich Völkermord vor-
LINK: http://www.jungewelt.de/2011/12-24/045.php)
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Junge Welt übernimmt 1:1 die Argumentation der türkischen Regierung
18 Juni 1941 deutsch-türkischer Freundschafts- und Nichtangriffspakt
Die Junge Welt möchte einen linken Diskurs führen, doch von den besten Zeiten der intellektuellen Linken ist dieser so weit entfernt wie die Parolen eines heterogenen nationalistisch-rechten Diskurses. Die Vermischung kritischer politischer Anklänge mit primitiven rechtsnationalistischen Impulsen findet hier ihren Zwillingsbruder in der mangelnden Unterscheidungsfähigkeit und Abgrenzung von Begrifflichkeiten und Inhalten. Wenn Kritik beliebig wird, ist sie im besten Fall keine ernst zu nehmende Kritik mehr, im schlimmsten ist sie gefährlich.
Zuerst einmal wird die LeserIn erschlagen mit dem Mischmasch geschichtlicher Fakten, Phänomene, und Halbwahrheiten, die alle in einen Topf geworfen und kräftig verrührt werden. Heraus kommt ein diffuses, heterogenes Unrechtsgeschwafel, eine gedankenlose Geschichtsrevue aus unverdauten Bildungsfragmenten, die in der Fortführung derselben Logik zu Geschichtsrevisionismus und der Banalisierung des Holocausts und des armenischen Genozids führen muss.
Sowohl in der Argumentation der türkischen Regierung u.v.a. Erdogans als auch in dem genannten Artikel der Jungen Welt (die Zeugnis gibt von dem bedauerlichen Zustand dessen, was sich heutzutage in Deutschland linkskritisch nennt und von einem rechtsnationalistischen Diskurs teilweise nicht mehr zu unterscheiden ist) gibt es diesen seltsamen Mischmasch, mit dem alles und jedes behauptbar, zu entkräftigen und verfälschbar ist.
Folgerichtig erscheint dann in der Logik der Argumentation der Begriff der „Siegerjustiz“, den die NPD und die Nationalsozialisten gegenüber den Alliierten verwendeten und verwenden und die der Leser mit Grausen mit weiteren Schlüsselwörtern assoziiert. Dass sich angeblich eine Siegerjustiz über den armenischen Völkermord ausspricht, heißt im Klartext, dass es keinen solchen gegeben haben soll.
Welch Geistes Kind der Verfasser in seiner vollkommenen Gedankenlosigkeit und politischen Orientierung ist, tritt klar zu Tage. Der Artikel muss den Opfern des armenischen Völkermords empörend erscheinen.
Wir diskutieren hier nicht darüber, ob das Gesetz die gewünschte Wirkung zeigen wird oder nicht. Für die Opfer ist dieses Gesetz insofern eine Genugtuung, als es für sie weniger um die Täter als um ihre eigenen Gefühle geht, die bei der Leugnung des Genozids aufkommen, was sich in den Reden der Kommissionsmitglieder (deren (jüdische) Familie teilweise selbst Opfer des Holocausts ist und unter denen wohlgemerkt eine der Hauptinitiatorinnen algerischer Abstammung ist ) des Gesetzesentwurfs widerspiegelt.
Die Türkei befindet sich noch mitten in dem Prozess des Genozids, dessen letzte Phase die (Ver-) Leugnung darstellt. Geplant war nicht nur ein armenischer Genozid, sondern auch der anderer Minderheiten, was sich seit Jahrzehnten in der Vernichtungslogik, die sich an den Kurden austobt, fortsetzt.
Auf der Täterseite sehen auch in den nachfolgenden Generationen die Verstrickung, die Schutzmechanismen anders aus als auf der Opferseite. Dies ist auch in diesem Artikel deutlich spürbar. Die lange deutsch-türkische Freundschaft gegen die Interessen der Kurden gibt- verkürzt ausgedrückt- über strategische Interessen hinaus, ein deutliches Zeugnis davon. Die Banalisierung des Holocausts, die Herabsetzung der Schuld durch unzulässige Vergleiche und geschichtsblinder, interessierter Konfusion und Verwirrung ebenso.
J.J.
Kurdische Gemeinde Bayern
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URL: Die deutsche ( Linke ?) Diskussion : http://linksunten.indymedia.org/de/node/52654
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Junge Welt vom 24.12.2011 / Ansichten / Seite 8
DefinitionsmachtAnkara wirft Frankreich Völkermord vor
Von Werner Pirker
Die Retourkutsche aus Ankara kam umgehend. Nachdem das Parlament in Paris beschlossen hatte, das Leugnen des Völkermordes an den Armeniern unter Strafe zu stellen, hat der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan Frankreich Genozid an den Algeriern vorgeworfen. Ankaras Reaktion ist durchaus verständlich. Wenn die zwischen 1915 und 1916 erfolgten Deportationen von auf dem Boden der heutigen Türkei lebenden Armeniern, die unterschiedlichen Schätzungen zufolge zwischen 200000 und 1,5 Millionen Menschen das Leben gekostet haben sollen, den Tatbestand des Völkermordes erfüllen, dann ist das Wüten der französischen Kolonialherren in Algerien wohl kaum anders zu bewerten.
Auch Erdogan beruft sich auf Schätzungen. Demnach wurden seit 1945 etwa 15 Prozent der algerischen Bevölkerung von der französischen Soldateska massakriert. In beiden Fällen läßt sich darüber streiten, ob die Verwendung des Begriffs »Völkermord« angemessen ist. In Frankreich, wo eine große armenische Diaspora beheimatet ist, ist das armenische Narrativ in den Rang einer objektiven Wahrheit erhoben worden. Türkische Einwände, wonach die Deportationen zwar brutal und chaotisch verlaufen seien, es sich aber um keine gezielte Ausrottungspolitik gehandelt habe, werden als geschichtsrevisionistisch verworfen. Das kann man durchaus so sehen. Der französische Parlamentsbeschluß geht aber weit darüber hinaus. Indem er eine von der offiziell festgelegten Position abweichende Meinung der strafrechtlichen Verfolgung aussetzt, stellt er die Meinungsfreiheit grundsätzlich zur Disposition.
Vorbild für das französische Gesetz ist das in bester antifaschistischer Absicht erfolgte Verbot der Holocaust-Leugnung, das damit das Einfallstor für gesinnungspolizeiliche Verordnungen zur Wahrheitsfindung bildete. Daß dieser weitere Schritt zur Verrechtlichung der gesellschaftlichen Debatte ausgerechnet von der französischen Legislative gegangen wurde, entbehrt insofern nicht einer gewissen Ironie, als Frankreich bis heute nicht bereit ist, sich mit den Verbrechen seiner Vergangenheit als besonders brutale Kolonialmacht auseinanderzusetzen. Im Gegenteil wurden erst unlängst die französischen Schulen vom zuständigen Ministerium angewiesen, die Kolonialgeschichte des Landes in einem positiven Licht dazustellen. Wie Hannes Hofbauer in seinem Buch »Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung« (Promedia Verlag) festhält, erfolgt die Verrechtlichung, das heißt Entpolitisierung, der Debatte nach dem politischen Opportunitätsprinzip.
Die Crux liegt bereits im EU-Rahmenbeschluß zur juristischen Verfolgung von Rassismus, Antisemitismus und Leugnung von Völkermord. Da dem herrschenden Diskurs widersprechende Meinungen zum Straftatbestand erklärt werden und die Bestimmung von Völkermord im Ermessen der (Sieger-) Justiz liegt, sind der »antirassistischen« Definitionsmacht des weißen Mannes und seinen Strafmaßnahmen keine Grenzen gesetzt.
URL: http://www.jungewelt.de/2011/12-24/045.php
LINK: http://www.jungewelt.de/2011/12-24/045.php)
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Junge Welt übernimmt 1:1 die Argumentation der türkischen Regierung
18 Juni 1941 deutsch-türkischer Freundschafts- und Nichtangriffspakt |
Die Junge Welt möchte einen linken Diskurs führen, doch von den besten Zeiten der intellektuellen Linken ist dieser so weit entfernt wie die Parolen eines heterogenen nationalistisch-rechten Diskurses. Die Vermischung kritischer politischer Anklänge mit primitiven rechtsnationalistischen Impulsen findet hier ihren Zwillingsbruder in der mangelnden Unterscheidungsfähigkeit und Abgrenzung von Begrifflichkeiten und Inhalten. Wenn Kritik beliebig wird, ist sie im besten Fall keine ernst zu nehmende Kritik mehr, im schlimmsten ist sie gefährlich.
Zuerst einmal wird die LeserIn erschlagen mit dem Mischmasch geschichtlicher Fakten, Phänomene, und Halbwahrheiten, die alle in einen Topf geworfen und kräftig verrührt werden. Heraus kommt ein diffuses, heterogenes Unrechtsgeschwafel, eine gedankenlose Geschichtsrevue aus unverdauten Bildungsfragmenten, die in der Fortführung derselben Logik zu Geschichtsrevisionismus und der Banalisierung des Holocausts und des armenischen Genozids führen muss.
Sowohl in der Argumentation der türkischen Regierung u.v.a. Erdogans als auch in dem genannten Artikel der Jungen Welt (die Zeugnis gibt von dem bedauerlichen Zustand dessen, was sich heutzutage in Deutschland linkskritisch nennt und von einem rechtsnationalistischen Diskurs teilweise nicht mehr zu unterscheiden ist) gibt es diesen seltsamen Mischmasch, mit dem alles und jedes behauptbar, zu entkräftigen und verfälschbar ist.
Folgerichtig erscheint dann in der Logik der Argumentation der Begriff der „Siegerjustiz“, den die NPD und die Nationalsozialisten gegenüber den Alliierten verwendeten und verwenden und die der Leser mit Grausen mit weiteren Schlüsselwörtern assoziiert. Dass sich angeblich eine Siegerjustiz über den armenischen Völkermord ausspricht, heißt im Klartext, dass es keinen solchen gegeben haben soll.
Welch Geistes Kind der Verfasser in seiner vollkommenen Gedankenlosigkeit und politischen Orientierung ist, tritt klar zu Tage. Der Artikel muss den Opfern des armenischen Völkermords empörend erscheinen.
Wir diskutieren hier nicht darüber, ob das Gesetz die gewünschte Wirkung zeigen wird oder nicht. Für die Opfer ist dieses Gesetz insofern eine Genugtuung, als es für sie weniger um die Täter als um ihre eigenen Gefühle geht, die bei der Leugnung des Genozids aufkommen, was sich in den Reden der Kommissionsmitglieder (deren (jüdische) Familie teilweise selbst Opfer des Holocausts ist und unter denen wohlgemerkt eine der Hauptinitiatorinnen algerischer Abstammung ist ) des Gesetzesentwurfs widerspiegelt.
Die Türkei befindet sich noch mitten in dem Prozess des Genozids, dessen letzte Phase die (Ver-) Leugnung darstellt. Geplant war nicht nur ein armenischer Genozid, sondern auch der anderer Minderheiten, was sich seit Jahrzehnten in der Vernichtungslogik, die sich an den Kurden austobt, fortsetzt.
Auf der Täterseite sehen auch in den nachfolgenden Generationen die Verstrickung, die Schutzmechanismen anders aus als auf der Opferseite. Dies ist auch in diesem Artikel deutlich spürbar. Die lange deutsch-türkische Freundschaft gegen die Interessen der Kurden gibt- verkürzt ausgedrückt- über strategische Interessen hinaus, ein deutliches Zeugnis davon. Die Banalisierung des Holocausts, die Herabsetzung der Schuld durch unzulässige Vergleiche und geschichtsblinder, interessierter Konfusion und Verwirrung ebenso.
J.J.
Kurdische Gemeinde Bayern
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URL: Die deutsche ( Linke ?) Diskussion : http://linksunten.indymedia.org/de/node/52654
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Junge Welt vom 24.12.2011 / Ansichten / Seite 8
DefinitionsmachtAnkara wirft Frankreich Völkermord vor
Von Werner Pirker
Die Retourkutsche aus Ankara kam umgehend. Nachdem das Parlament in Paris beschlossen hatte, das Leugnen des Völkermordes an den Armeniern unter Strafe zu stellen, hat der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan Frankreich Genozid an den Algeriern vorgeworfen. Ankaras Reaktion ist durchaus verständlich. Wenn die zwischen 1915 und 1916 erfolgten Deportationen von auf dem Boden der heutigen Türkei lebenden Armeniern, die unterschiedlichen Schätzungen zufolge zwischen 200000 und 1,5 Millionen Menschen das Leben gekostet haben sollen, den Tatbestand des Völkermordes erfüllen, dann ist das Wüten der französischen Kolonialherren in Algerien wohl kaum anders zu bewerten.
Auch Erdogan beruft sich auf Schätzungen. Demnach wurden seit 1945 etwa 15 Prozent der algerischen Bevölkerung von der französischen Soldateska massakriert. In beiden Fällen läßt sich darüber streiten, ob die Verwendung des Begriffs »Völkermord« angemessen ist. In Frankreich, wo eine große armenische Diaspora beheimatet ist, ist das armenische Narrativ in den Rang einer objektiven Wahrheit erhoben worden. Türkische Einwände, wonach die Deportationen zwar brutal und chaotisch verlaufen seien, es sich aber um keine gezielte Ausrottungspolitik gehandelt habe, werden als geschichtsrevisionistisch verworfen. Das kann man durchaus so sehen. Der französische Parlamentsbeschluß geht aber weit darüber hinaus. Indem er eine von der offiziell festgelegten Position abweichende Meinung der strafrechtlichen Verfolgung aussetzt, stellt er die Meinungsfreiheit grundsätzlich zur Disposition.
Vorbild für das französische Gesetz ist das in bester antifaschistischer Absicht erfolgte Verbot der Holocaust-Leugnung, das damit das Einfallstor für gesinnungspolizeiliche Verordnungen zur Wahrheitsfindung bildete. Daß dieser weitere Schritt zur Verrechtlichung der gesellschaftlichen Debatte ausgerechnet von der französischen Legislative gegangen wurde, entbehrt insofern nicht einer gewissen Ironie, als Frankreich bis heute nicht bereit ist, sich mit den Verbrechen seiner Vergangenheit als besonders brutale Kolonialmacht auseinanderzusetzen. Im Gegenteil wurden erst unlängst die französischen Schulen vom zuständigen Ministerium angewiesen, die Kolonialgeschichte des Landes in einem positiven Licht dazustellen. Wie Hannes Hofbauer in seinem Buch »Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung« (Promedia Verlag) festhält, erfolgt die Verrechtlichung, das heißt Entpolitisierung, der Debatte nach dem politischen Opportunitätsprinzip.
Die Crux liegt bereits im EU-Rahmenbeschluß zur juristischen Verfolgung von Rassismus, Antisemitismus und Leugnung von Völkermord. Da dem herrschenden Diskurs widersprechende Meinungen zum Straftatbestand erklärt werden und die Bestimmung von Völkermord im Ermessen der (Sieger-) Justiz liegt, sind der »antirassistischen« Definitionsmacht des weißen Mannes und seinen Strafmaßnahmen keine Grenzen gesetzt.
URL: http://www.jungewelt.de/2011/12-24/045.php
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